Scellebelle

Hof Scellebelle in Münster. Sabine Jürß ist eine Vertreterin großer Handwerkskunst und zeigt, wie Käse ein eigenständiges Terroir entwickelt, wenn die Ziegenhaltung, Melken und das Käsen einfach nur in zwei Händen liegen, nämlich in ihren: »Schlicht-Französisch« nennt sie ihr Modell.

Was ist so besonders bei Scellebelle, das uns so fasziniert und die Käse so gut gelingen lässt? Alles läuft bei Sabine selbst zusammen: »Die Ziegen kennen meinen Wochenablauf genau, und ich kenne sie. Für mich ist das eine Lebensform, gemeinsam mit den Ziegen.« Aktuell sind es 75 Tiere in Milch. Die Rasse? France Alpine (die ersten Tiere stammten aus dem Burgund), Bunte Deutsche Edelziege und »ein guter Schuss Poitevine für die Qualität des Kaseins«, was das Haupteiweiß im Käse ist. Anekdote: »Ich habe übrigens gemischt gehörnte und ungehörnte Ziegen«, erzählt Sabine, »geht wunderbar. Eine meiner ›Abteilungsleiterinnen‹ ist klein und hornlos. Die zeigt den anderen schon, wo’s langgeht…«

Ziegen sind, wie wir Norddeutschen sagen, krüsch, also empfindsam, was das Futter angeht. Hier in Münster haben sie auf sieben Hektar Weiden und Kräuterwiesen jederzeit Ausgang, das ganze Jahr. Heu und Heulage stehen immer im Stall bereit und ein bisschen Hafer aus regionalem Anbau. Mit ihrem Verpächter hat Sabine eine Mist/Futterkooperation: Der benachbarte Gemüse- und Ackerbaubetrieb benötigt natürlich Mist, um dem Boden Humus und Nährstoffe zurückzugeben. Eine gemeinsame Kreislaufwirtschaft beider Höfe.

Sabine käst »auf dem französischen Stand der 70er Jahre«. Die gebürtige Wiesbadenerin mit norddeutschen Wurzeln hat sich in ihrer Jugend viel von den Käsereien an der Loire und in der Provence abgeschaut, arbeitet bis heute ohne Klimatisierung. Das, obwohl Käse dieser Art echte Zicken sein können und viel Fingerspitzengefühl fordern. »Schön, wie die Natur das selber hinkriegt – wenn die Milch gut ist.« Steuert die Käserin oder begleitet sie die Kulturen bei ihrer Arbeit? Bis zum Salzen erfolgt alles per Hand (daher manchmal auch die Schwankung von Käse zu Käse), und wenn das Klima nicht stimmt, dann wird die Horde mit den Käsen drauf eben an eine wärmere oder kühlere Stelle in der Käserei geschoben. Die Art Fingerspitzengefühl.

So zu arbeiten und zu leben, fordert aber auch. Daher bleibt Sabine bei der traditionellen Milchpause: Ziegen werden saisonal brünstig, dann zur gleichen Zeit gedeckt, und dann gibt es ein Saisonende für die Käse. Die tragenden Tiere hören auf Milch zu geben, und die erste Milch gehört den Zicklein. Während immer mehr Höfe die Herde teilen und eine Hälfte früh, die andere spät decken lassen, damit immer etwas Milch da ist, bleibt Sabine beim alten Jahreslauf. »Bis August ist so viel Milch da, da bin ich platt, im September geht der Druck etwas raus, und im Winter brauch ich dann die Pause. Sobald aber die Lämmer da sind, bist Du sofort auf 200 %, das ist dann auch wieder schön.«

Und für uns passt es, weil im Winter eh Raclette- und Fondue-Zeit ist und wir uns zu Ostern auf die ersten Ziegenkäse freuen. Schlicht französisch eben.

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